CDU und SPD : Kein Interesse an echter Wahlrechtsreform

27.08.2020

Was die Groko da beschlossen hat, lässt am wahren Demokratieverständnis zweifeln. Kein Wunder, wenn durch ein solches Machterhaltmanöver die Politikverdrossenheit beim Wahlvolk weiter zunimmt.

Der Bund der Steuerzahler kritisiert in einem Schwarzbuch-Artikel, der gestern über einen Newsletter veröffentlicht wurde, den Beschluss des Koalitionstreffens wie folgt :

Der Bund der Steuerzahler (BdSt) übt scharfe Kritik am aktuellen Beschluss zum Wahlrecht: Denn mit ihren marginalen Korrekturen haben die Parteispitzen von Union und SPD den Souverän und jeden einzelnen Wähler düpiert. „Der Koalitionsausschuss hat nur Kosmetik geliefert, die den überteuren XXL-Bundestag nach der Wahl 2021 zementieren wird“, bilanziert BdSt-Präsident Reiner Holznagel. „Union und SPD sind meilenweit von einer echten Reform unseres komplizierten Wahlrechts entfernt – die Wähler haben etwas anderes verdient.“

Im Einzelnen: Nach dem Willen der Koalition sollen mit der Bundestagswahl 2021 drei Überhangmandate nicht mehr durch Ausgleichsmandate kompensiert werden. Ebenso sind Kleinstkorrekturen am Sitz-Zuteilungsverfahren geplant. Als Ergebnis erhoffen sich Union und SPD eine deutliche Dämpfung jener Mandate, die über die gesetzliche Soll-Größe von 598 hinausschießen. Der BdSt stellt diesen Effekt jedoch infrage. Dazu Präsident Holznagel: „Die Koalition kann nicht garantieren, dass ihr Modell die Zahl der Abgeordneten tatsächlich reduzieren wird. Schlimmer noch: Es besteht weiterhin die Gefahr, dass der Bundestag mit der nächsten Wahl deutlich über 709 Sitze hinaus anwächst. Das wäre ein Debakel für das Ansehen der parlamentarischen Demokratie!“

Auch der Beschluss, zur übernächsten Bundestagswahl 2025 die Zahl der Wahlkreise von 299 auf 280 zu reduzieren, greift viel zu kurz, um eine grundlegende Wahlrechtsreform mit einer deutlichen Verkleinerung des Parlaments einzuleiten. Durch eine neue Reformkommission, die vielfältige Wahlrechtsthemen diskutieren soll, droht nur ein weiterer Stillstand durch gegenseitige parteipolitische Blockaden. „Leider scheinen Union und SPD an einer echten Wahlrechtsreform, die dem Wähler Verlässlichkeit gibt, gar nicht interessiert zu sein. Das Taktieren und Verschleppen geht weiter“, betont Holznagel und warnt: „Damit leistet die Koalition der Politikverdrossenheit Vorschub!“

Wie eine tatsächlich als wirksam und für alle Parteien zufriedenstellende Reform ausschauen könnte, zeigt der Vorschlag der FDP-Bundestagsfraktion. Sie hat gemeinsam mit den Fraktionen von Grünen und Linken einen Kompromissvorschlag vorgelegt, der das Problem an der Wurzel packt, indem es die Wahrscheinlichkeit für Überhangmandate deutlich reduziert. Dazu muss das Verhältnis von Direkt- und Listenmandaten deutlich zugunsten der Listenmandate verändert werden. Der Vorschlag sieht deshalb vor, die Zahl der Wahlkreise und damit der Direktmandate auf 250 zu reduzieren. Zusätzlich wollen wir die Soll-Größe des Bundestages moderat auf 630 Sitze erhöhen. Außerdem muss das sogenannte Mindestsitzzahlverfahren abgeschafft werden. Dieses wurde eingeführt, um die Landeslisten vor Anrechnung von Direktmandaten aus anderen Ländern zu schützen, führt aber zu einer erheblichen Vergrößerung des Bundestages.